Ein Blog aus Hamburg über Hamburg. Eine humorvolle Betrachtung des alltäglichen Treibens. Es geht um die Menschen und die Ereignisse in der Hansestadt. Die komischen Menschen und die komischen Ereignisse. Kleine Ereignisse in der großen Stadt. Leise Töne in einer lauten Umgebung. Amüsant, unterhaltend, manchmal wirr. Eben 'Tüdelkram from Hamburg'.



14. Juli 2017

Gangs of Hamburg

Nicht zuletzt dank der erschreckenden Bilder vom G20-Gipfel weiß auch der Letzte, dass Hamburg ein richtig krasses Pflaster sein kann. In manchen Teilen ist es das bereits.
Klischeehaft denkt man zuerst an Stadtteile wie Billstedt, St. Georg, Steilshoop, Wilhelmsburg oder Neuwiedenthal. Durchaus verständlich und nicht unbegründet. Aber ich musste lernen, dass man die wirklich heftigen Typen im Großbereich Eppendorf antrifft.
Ich will nicht zu sehr vorgreifen, aber die nun folgenden Zeilen sind nichts für schwache Nerven. Lesen auf eigene Gefahr!

Der folgende Beitrag ist für Leser unter 16 Jahre nicht geeignet...
 

Ein vermeintlich friedlicher Mittwochabend. Die meisten Menschen machen gerade Feierabend und hasten in Richtung Haus und Heimat. Zurück in den warmen Schoß der Familie. Oder einfach nur in die eigenen vier Wände, hinter denen man sich vor der grausamen Welt da draußen verstecken kann. Doch zuvor müssen sie alle noch durch die Stadt. Durch diese Stadt. Durch Hamburg.
 
Die U1 rauscht soeben mit quietschendem Getöse in einen der berüchtigtsten Bahnhöfe der Hansestadt hinein. Skurrile Gestalten lauern bereits am Bahnsteig und werden jeden Moment das Abteil stürmen. Laut und lärmend.
Wir befinden uns an der Haltestelle "Sengelmannstraße", mitten in der City Nord.
Business-Kasper neben Kostüm-Blondinchen. Jede Menge rollende Koffer. Fast überall Krawatten. Vielen sprechen englisch. Kurz gesagt: ein wahrer Alptraum!
Ich sehe gerade noch, wie der Jugendliche mit dem Basecap, der mit mir zusammen in Fuhlsbüttel zugestiegen ist, kleinlaut in der Ecke kauert und den Tränen nahe ist. Vermutlich will er zum Hauptbahnhof, Crack verticken. Aber vorher muss er noch durch diese Hölle hier.
 
Mir gegenüber nehmen zwei junge Frauen Platz. Die eine mit Trolley, na klar. Die andere hat wenigstens eine riesige Handtasche, aus der sie sogleich ihr iPhone fischt. Beide super schick, mit Schirmchen am Handgelenk und dem Columbo-Gedächtnis-Trenchcoat. Natürlich etwas gepflegter.
Die mit dem Trolley sabbelt.
Zunächst wird sich ausgiebig über die Kollegen beschwert. Warum denn immer alle anrufen oder, noch schlimmer, ständig in ihrem "Office" stehen und blöde Fragen stellen. "Scheiße", denke ich. Wenn die Alte hier gleich austickt, dann fließt Blut. Mit den Business-Tanten ist nicht zu scherzen.
Aber plötzlich werden sie wieder ruhiger. Jetzt geht es thematisch um den anstehenden Friseurtermin der Trolley-Dame. Gott sei Dank! Doch die Angst bleibt.
 
- "Ich hätte auch einen späteren Termin nehmen können, aber dann ist die Zeit immer etwas knapp. Ich nehme mir dafür lieber immer etwas mehr Zeit. Und meine Friseurin soll ja auch in Ruhe schneiden."
- "Ja", erwidert die andere. "Man will ja auch sehen, wie es fällt."
- "Genau, richtig."
 
Wie es fällt? Meinen sie die Haare? Wie lange fallen Haare denn? Oder geht man bzw. Frau mit der neuen Frisur erst mal stundenlang auf und ab?
Nein, das kann nicht sein. Sie reden von ihrem nächsten Opfer, ganz bestimmt. Sie will nicht so viel Zeit beim Friseur verplempern, um danach in Ruhe zusehen zu können, wie die Leiche fällt. Ganz eindeutig. Mannomann, die sind echt übel drauf.
 
- "Was lässt Du denn machen?"
- "Mal sehen, ich lasse mich da gern beraten. Aber ich fände es ganz gut, wenn sie diesmal etwas mehr Schnitt reinschneidet."
 
Schnitt schneiden? Oh mein Gott! Sie LÄSST schneiden? Die bringen also gleich jemanden um die Ecke und erledigen die Drecksarbeit noch nicht mal selber. Das müssen ganz große Nummern in ihrer Gang sein.
 
Wir erreichen die Haltestelle "Kellinghusenstraße". Endlich, denn hier muss ich umsteigen. Ich bin ebenfalls auf dem Weg zum Friseur. Und um das klarzustellen: ich meine einen RICHTIGEN Friseur. Nicht diesen krassen Scheiß, von dem die beiden eben geredet haben.
 
Wir befinden uns nunmehr übrigens im Herzen Eppendorfs. An dieser Stelle trennt sich die Spreu vom Weizen. Der gemeine Mob, so wie ich, steigt hier für gewöhnlich nur um in die U3. Entweder Richtung Barmbek oder, so wie ich heute, entgegengesetzt Richtung Schanze und St.Pauli.
Die krassen Freaks steigen hier einfach nur aus und stürmen Eppendorf.
Die wirklich krassen Freaks bleiben an dieser Stelle meist in der U1 sitzen und fahren weiter über Klosterstern und Stephansplatz bis hin zum Jungfernstieg. Meine beiden Mädels von eben sind auch dabei. Ich tippe bei denen mittlerweile auf Personalreferentinnen bei Tschibo. Üble Sorte!
 
Quelle: yelp.de
 
Überflüssig zu erwähnen, dass ich mehr als froh war, aus dieser Nummer heil rausgekommen zu sein. Ich hoffe, der Mützen-Junge mit dem Crack hatte genauso viel Glück. Doch meine Freude hielt nicht lange. Schon am heutigen Freitag ereignete sich die nächste mehr als brenzlige Situation...
 
  Der folgende Beitrag ist für Leser unter 18 Jahre nicht geeignet...
 
Wie befinden uns erneut in der U1. Eppendorf liegt zwar noch in sicherer Entfernung, aber das Unheil nimmt dennoch seinen Lauf.
An der Haltestelle "Ohlsdorf" steigen gleich drei Gangster hinzu, zwei Mädels und ein Junge. Alle im Schulalter, Oberstufe. Aber lasst Euch davon nicht täuschen.
 
Die Einstiegsunterhaltung dreht sich ums Thema Tanzen. Krass! Alle drei sind sich einig, dass es voll nervig ist, wenn andere mit ihren Füßen so fest auftreten, dass die ganze Bühne wackelt. Ja okay, kann ich nachvollziehen. Irgendwie. Aber es geht noch weiter.
Nächstes Thema: Querflöten. Nun wird´s richtig heftig! Die Blonde erzählt von diesem anderen Mädel, dass voll schlecht spielt, aber immer ganz krass mit ihrem ganzen Körper zur Musik wackelt. Manchmal beugt sie den kompletten Oberkörper nach vorne. Alle lachen. Es wird langsam ernst.
Schlussendlich dreht es sich thematisch um andere Mitschüler. Diese Typen aus der "d". Die Dunkelhaarige holt nun richtig aus: "Ja genau! Lino, Marten und Felix...das sind doch alles Spasten!"
Sie beißt sich auf die Lippen und blickt sich unsicher im Abteil um. Vermutlich um sicher zu gehen, dass die Spasten nicht hinter ihr lauern. Muss wohl die konkurrierende Gang sein. 
 
Ich frage mich an dieser Stelle, warum eigentlich scheinbar jeder etwas gegen Felix hat? Auf jeden Fall ist eines sicher: sollte ich in diesem Leben doch noch mal ein Kind in die Welt setzen, so wird es ganz sicher nicht diesen Namen tragen. Vergesst Kevin oder Chantal. Felix ist das neue Alpha-Opfer.
 
Wir erreichen Lattenkamp. Bloß raus hier! Ich stürze an allen vorbei und kämpfe mich ins Freie.
Die drei Desperados fahren weiter Richtung Eppendorf. Natürlich!
 
Unten an der Bushaltestelle läuft ein junger Mann hektisch auf und ab. Die Hose hängt fast in den Kniekehlen, im Gesicht hat er zwei Pflaster. Eines davon direkt über dem Mund. Trotzdem hört man deutlich sein hysterisches Lachen.
"Endlich normale Leute", denke ich.
 




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